Aufstieg und Fall von Sega

Der Erfolg der Sony PlayStation hängt unmittelbar zusammen mit dem Misserfolg der Konsole Sega Saturn, der ebenfalls eine Vorgeschichte hat. Wer verstehen will, wie Sony quasi aus dem Nichts zum Marktführer werden konnte, muss sich mit dieser Erfolgs- und Misserfolgsgeschichte von Sega auseinandersetzen.

Während das Sega Masters System (SMS)/Genesis 1986 eher ein Ich-auch-Produkt zu Nintendos Super Famicom (SNES) ist, ist Sega der Konkurrenz mit dem SMS/Genesis 1988 erstmals technisch voraus und nutzt die zwei Jahre zeitlichen Vorsprungs vor der Markteinführung des SNES, um sich von einem kaum existenten Marktanteil von weniger als 5 % zur ernstzunehmenden Konkurrenz für Nintendo hochzuarbeiten („Sega does what Nintendon’t“). Ein Effekt der aggressiven Marketingstrategie ist, dass dem US-Zweig des Konzerns im Kampf um den spielentscheidenden nordamerikanischen Markt umfassende Kompetenzen eingeräumt werden, die bis zu Eingriffen in die Gestaltung der Spiele reichen (Sega of America überarbeitet z. B. das Character-Design von Sonic, um es den Cartoon-Sehgewohnheiten des amerikanischen Publikums anzupassen). Das führt zwar zum gewünschten Erfolg, wird aber später zu einem Problem: Sega braucht für den US-Markt eine 32 Bit-Konsole, um dort gegenüber dem angekündigten Atari Jaguar konkurrenzfähig bleiben zu können. (Eine Fehleinschätzung, da der Jaguar ein Misserfolg werden würde). Das 32X-Add-on für das Genesis war eine für diesen Zweck gedachte Interimslösung, da aber der Saturn auf den Tag genau zeitgleich auf dem japanischen Markt eingeführt wurde, war es dort direkt ab Verkaufsstart obsolet. Amerikanische Kunden wissen zudem in einer zunehmend globalisierten Welt, dass die Premiere des Saturns auch für den Westen unmittelbar bevorsteht und lassen die Genesis-Erweiterung links liegen. Auf diesen ersten Flop folgt der Saturn, der durch Segas Missmanagement der beiden wichtigsten Märkte zu einem erneuten Misserfolg wird: Als sich in Japan abzeichnet, dass die PlayStation langfristig die erfolgreichere Konsole werden wird, bringt Sega den Saturn im Mai 1995 quasi über Nacht in den USA in die Läden, um einen Vorsprung vor Sony zu haben, anstatt sich dort auf das immer noch sehr erfolgreich laufenden Genesis zu konzentrieren. (Ursprünglich wären beide Geräte zeitgleich im September desselben Jahres in Nordamerika an den Start gegangen.) Vier Monate vor dem angepeilten Termin aber sind Marketing, Produktion und 3rd-Party-Entwickler logistisch eigentlich nicht in der Lage, dieses Unterfangen zu stemmen. Der überhastete Start zieht auch ein verfrühtes Release in Europa nach sich, mit denselben desaströsen Folgen. Den Todesstoß für den Saturn erteilt Steve Race, Präsident von Sony America, noch auf der E3, auf der auch der verfrühte Start bekannt gegeben wird. In der kürzesten Keynote der Videospielgeschichte betritt er das Podium, sagt „Two-Nintynine“, und verlässt die Bühne. Dem applaudierenden Publikum ist offensichtlich klar, was er meint: Sony hat in diesem Moment den Preis für die PlayStation auf 299 USD gesenkt, hundert Dollar unter den Preis des Saturns.

Mit der Dreamcast entwickelt Sega 1998 zwar ein letztes Mal eine Konsole, aber das Vertrauen der Kunden in den Konzern ist durch die Flops von 32X und Saturn angeschlagen und dessen finanzielle Situation entsprechend prekär. Das führt zur Umstrukturierung der Firma 2001. Seitdem ist Sega ein reiner 3rd-Party-Hersteller von Software für verschiedene Systeme.